Aus der Geschichte Unterwössens

Der Ursprung unserer Gemeinde

Erste Siedlungsspuren im Gemeindegebiet von Unterwössen reichen bis in die Hallstattzeit (8. Jh. v.Chr.) zurück: Im Kapellenacker bei der Gärtnerei wurde ein Depot von Bronzebarren aus jener Zeit gefunden. Die Entdeckung eines Bronzemessers in der Nähe des Bichlhofes lässt darauf schließen, dass sich die ersten Siedlungen auf den hügeligen Erhebungen befanden. Aus der Zeit der römischen Besiedlung des Chiemgaus konnten in Unterwössen noch keine Spuren gefunden werden.

Der Ursprung unserer Gemeinde ist in fränkisch-karolingischer Zeit zu suchen. Die erste aus Holz erstellte Kirche war dem fränkischen Heiligen Martin geweiht, was auf ihre Einrichtung um das Jahr 800 hindeutet. Entlang der heutigen „Alten Dorfstraße“ entwickelte sich ein Haufendorf mit der typisch germanischen Wannenflur (= Feldabteilungen), die sich in Grundzügen bis heute erhalten hat. Zur gleichen Zeit dürfte auch die Rettenburg (geringe Reste oberhalb von Kruchenhausen) am ehemaligen Saumpfad nach Reit im Winkl entstanden sein.

Schon gewusst?

Unterwössen wird urkundlich erstmals 1120 erwähnt, wo ein Harrandt de Wezzen auf einer Schenkungsurkunde als Siegelzeuge genannt wird. Zu den frühen Siedlungen im Ortsbereich gehörten im 13. Jh. nachweislich Pallersberg (Balsberg) und Chruchenhausen. Auf der Südseite des Garbbichls sind oberhalb von Kruchenhausen noch heute Geländeterrassen eines ehemaligen Weinberges erkennbar. Der Name Oberwössen wird erstmals im Steuerverzeichnis von 1420 erwähnt.

Die Güter von „Wessen“ gehörten neben der herzoglichen Grundherrschaft noch zum Besitz der Hofmark Grabenstätt, der Klöster Herren- und Frauenchiemsee, Raitenhaslach, Baumburg und Scheyern. Im Steuerverzeichnis des Herzogs von Niederbayern von 1318 (das Achental gehörte von 1255 – 1505 zu Niederbayern) treffen wir auf viele heute noch gebräuchliche Ortsnamen wie Stichel (Stückl), Gärib (Garb), Manzenperch; das heutige Unterwössen wurde Niederwessen genannt. Die Zahl der Anwesen im Dorf stieg von 50 im Jahr 1420 nur geringfügig auf 71 im Jahr 1802 an.

Im Landshuter Erbfolgekrieg von 1504 lernte das Achental die Kriegsleiden kennen. Gegen die Übermacht des Heeres von Kaiser Maximilian wehrten sich im Landaufgebot des Chiemgaus die Wössner Bauern. Gerade in dieser Zeit äußerster wirtschaftliche Not wurde ein gemauerter gotischer Neubau der Kirche errichtet. 1615, 1634 und 1648 herrschte hier die Pest; das Pestkreuz an einem Stadel neben der Straße zum Ortsteil Agg ist als das ältestes Flurdenkmal von Unterwössen erhalten geblieben. Im spanischen (1701 – 1714) und österreichischen (1740 – 1748) Erbfolgekrieg erlitt die hiesige Bevölkerung großen Schaden; 1743 fielen Panduren und Kroaten über den Taubensee und dem von dort herunterkommenden, heute noch so genannten „Kroatensteig“ in unser Tal ein.

Von 1780 – 1783 wurde die heutige Kirche im Stil des ländlichen Rokoko errichtet; ihre jetzige Form bekam sie 1961 durch einen Erweiterungsbau nach Süden. Die mit der Säkularisation 1803 verbundenen Reformen brachten die erste Wende in der Wirtschaftsstruktur; durch die Aufhebung der Grundherrschaft wurden die Bauern Eigentümer der von ihnen bewirtschafteten Hofe.

Wegen immer wiederkehrender Überschwemmungen im Ortskern siedelten die Gütler in höher gelegene Ortsteile wie Hadergaß und Au um. Von 1810 bis 1850 wurde der Wössner Bach verbaut, um das Dorf vor dessen alljährlichem Hochwasser zu schützen; Mitte der zwanziger Jahre dieses Jh. wurde er deshalb im Ortszentrum mit Holzbohlen ausgelegt.

Goldrausch in Unterwössen

Zwischen 1849 und 1857 brach in Unterwössen der „Goldrausch“ aus: einige Unterwössener Bauern gruben am Kienberg bei Ruhpolding, jedoch ohne Erfolg, nach Gold.

Der Bau der Eisenbahn von Übersee nach Marquartstein 1884 und die Verbesserung der Straße nach Reit im Winkl brachten die ersten Urlauber in unser Dorf. 1994 wurde diese Bahnstrecke mit dem Abbau der Gleisanlagen aufgelöst. Maler und Künstler kamen zur Sommerfrische und bauten sich als erste Landhäuser.

Der Wössner See wurde 1932 im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch die Errichtung eines Dammes unterhalb des Weilers Rexau angelegt; er bildet seither mit seinem schönen Freibad eine viel besuchte Attraktion und wertvolle Bereicherung des Fremdenverkehrs nicht nur für unsere Gemeinde, sondern für das ganze obere Achental.

Durch den 2. Weltkrieg fanden viele Vertriebene in Unter- und Oberwössen eine neue Heimat. In dem bis dahin überwiegend landwirtschaftlich geprägten Dorf entstand in dieser Zeit die heutige Wirtschaftsstruktur, die auf Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe und vor allem dem Fremdenverkehr basiert. Mit der Gründung der Duetschen Alpensegelflugschule, der Süddeutschen Gleitschirmschule, der Errichtung der Balsberg- und Glockenbichllifte und des Hallenbades mit Sauna und Kegelbahn wurden Einrichtungen für die Urlaubsgäste geschaffen, für die, zusammen mit einem regen Vereinsleben, die Gemeinde mit einem Preis im Wettbewerb „Unser gastliches Bayern“ ausgezeichnet wurde. In der Ortsmitte beim Hallenbad entwickelte sich der gepflegte Kurpark mit Musikpavillon, Minigolfplatz, Freiluftschach, Allwettertischtennis und Kinderspielecke zu einem gern besuchten Erholungszentrum.

Unterwössen im Laufe der Zeit

  • um 1700 v.Chr.

    Depotfund aus der Bronzezeit

    mit Bronzebarren im Kapellenacker; die Fundorte liegen auf erhöhten Tallagen und lassen noch auf keine Dauersiedlungen schließen, da die tieferen Tallagen feucht und unwirtlich waren.

  • nach 800 v.CHr.

    Bodenfunde

    aus der früheren Hallstattzeit, wie ein Bronzemesser mit Griffangel am Bichlhof

    nach 800 v.CHr.

  • um 100 n.Chr.

    Fund aus Römerzeit

    kräftig profilierte Fibel aus Bronze am Bichlhof

  • um 600 n.Chr.

    Fragmente eines Armrings

    aus der Zeit der germanisch-bajuwarischen Landnahme/Besiedlung am Zeilerfeld

    um 600 n.Chr.

  • ab 920 n.Chr.

    Bau der Rettenburg

    zwischen Kruchenhausen und Hinterwössen durch die Herren von Rott. Die Burg diente wohl als Fliehburg während der Ungarneinfälle und als Strategieburg zur Sicherung der Verbindung zu den Rott’schen Besitzungen im Leukental/Tirol.

  • 1120 n.Chr.

    Erste urkundliche Erwähnung

    der Siedlung „Wezzen“ in einer Klosterurkunde. Woher der Name kommt ist offen, z.B. von

    wess, nass = am Wasser

    irwizzen, wezza = Wache halten

    Wezzo = einem Personennamen

    1120 n.Chr.

  • 1180 n.Chr.

    Urkundliche Erwähnung von Wessen

    im Falkensteiner Kodex; zwei Lebenshöfe des Klosters Herrenchiemsee bezahlten den Vogthafer.

  • 1257 n.Chr.

    Errichten des Pflegegerichts Marquartstein

    mit Sitz auf der Burg Marquartstein. Das Pflegegericht war für Verwaltung, Steuern, Gericht usw. zuständig und bestand bis 1803.

    1257 n.Chr.

  • 1308/13

    Urbar des Herzogs Otto III. von Niederbayern

    18 herzogliche Lehensgüter entrichteten Abgaben

  • 27.10.1504

    Niederbayerischer Erbfolgekrieg

    mit Niederlage des Chiemgauer Landaufgebots an der Klausen bei Rottau. Die Burg Marquartstein wurde mit den ersten Kanonen beschossen und übergeben.

    27.10.1504

  • 1519

    Neubau der gotischen Kirche St. Martin

    mit dem ersten Friedhof in Wessen; sie löste die hölzerne Vorgängerkirche ab.

  • 1634

    Erstmalige Erwähnung eines "Schulmeisters" in Wessen

    1634

  • 29.08.1704

    Spanischer Erbfolgekrieg

    In der Agg/am Bründlsberg wurde ein kaiserliches Regiment von bayerischen Truppen aufgerieben.

  • 1780/83

    Neubau der Rokoko-Kirche St. Martin

    1780/83

  • 1803

    Auflösung des Pflegegerichts Marquartstein

    Das Achental wird in das Landgericht Traunstein einverleibt. Umwandlung der Benefiziums Wessen in ein Vikariat. Die Sprengel Unter- und Oberwessen werden durch den Vikar von Wessen geführt.

  • bis 1806

    Bau des 1. Schulhauses in Unterwessen

    bis 1806

  • 1817/18

    Gemeindeedikt als Grundlage zum Aufbau der Gemeinden

    Zur Gemeinde Unterwessen gehört auch die Ortschaft Marquartstein bis nach Freiweidach. Im Süden schließt sich die Gemeinde Oberwessen an, die über Achberg und Wagrain bis an die Tiroler Ache reicht.

  • 1884

    Bau der Lokalbahn Übersee - Marquartstein

    Die Bahnlinie erschließt den Holzreichtum des Achentals und bringt Sommerfrischler und Touristen ins Achental. Auch Künstler lassen sich nieder wie der Komponist Richard Strauß oder der Maler Hermann von Le Suire.

    1884

  • 1895

    Neubau der Kirche "Mariä sieben Schmerzen" in Oberwössen

    Sie ersetzt die 1802 erbaute Kapelle.

  • 01.04.1938

    Ausgliederung von (Alt-) Marquartstein aus der Gemeinde Unterwössen

    Die neue Gemeinde Marquartstein wird aus Teilen von Grassau, Schleching und Unterwössen gebildet.

    01.04.1938

  • 24.06.1942

    Erhebung von Unterwössen zur Pfarrei.

  • 15.04.1954

    Gründung der Deutschen Alpensegelflugschule Unterwössen

    15.04.1954

  • 1956

    Neubau der Kirche in Oberwössen

  • 10.04.1972

    Gebietsreform

    Oberwössen wird in die Gemeinde Unterwössen eingegliedert.

    10.04.1972

  • Oktober 1979

    Verleihung des Preises "Unser gastliches Bayern" an Unterwössen

  • 24.02.2001

    Wiederaufführung des traditionellen Wössner Seeräuberspiels

    24.02.2001